Gortys - antike Hauptstadt Kretas
 
zur Zeit der römischen und byzantinischen Herrschaft
   
 
Einige Kilometer östlich von Festos gelangt man, inmitten vieler Olivenbäume, zu den Ausgrabungen der Stadt Gortys. Schon in minoischer Zeit war das Gebiet des späteren Gortys besiedelt. Die eigentliche Stadt entwickelte sich aber erst mit der Ankunft der Dorer um 1.100 v.Chr. Laut Platon war Gortys eine der reichsten kretischen Städte. Als die Römer 67 v.Chr. Kreta eroberten, schlugen sich die Bewohner der Stadt auf deren Seite. Daher wurde Gortys auch nicht zerstört. In römischer und byzantinischer Zeit erlebte Gortys als Hauptstadt Kretas seine größte Blüte. Als die Sarazenen im Jahre 823 Kreta eroberten, zerstörten sie Gortys. Mit der Zeit verfielen die Reste immer mehr. Die Stadt war seit dem ohne jede Bedeutung und wurde nie wieder bewohnt.

Ruinen der Basilika des
heiligen Titus, 6. Jh.

Die sagenumwobene
Platane von Gortys

Römisches Odeon mit
dorischen Gesetzestafeln

Dorische Gesetzestafeln als
Wandschmuck im Odeon


Die Ausgrabungen von Gortys zeigen nur einen kleinen Teil der antiken Stadt. Nicht zu übersehen sind die Reste der Basilika des heiligen Titus, die im 6. Jh. auf den Ruinen der ersten christlichen Kirche Kretas erbaut wurde.

Apostel Paulus soll im Jahre 65 Titus in einem Brief angewiesen haben, in Gortys eine christliche Kirche zu bauen und dort als Bischhof zu wirken. Somit wurde Titus der erste Bischhof Kretas. Dieser Brief findet sich im neuen Testament wieder.

Weit interessanter als die Basilika ist das Odeon, ein römisches Theater. Hier sind noch ein wunderbar erhaltener Marmorfußboden und die Sitzreihen zu sehen. Der wichtigste Teil des Odeons ist ein rechteckiger Bau, in dem Steinblöcke mit der Inschrift des Stadtrechtes des dorischen Gortys eingelassen sind.
Um ca. 500 v.Chr. meißelten die Dorer ihr bürgerliches Recht in 70 x 170 cm große Steinblöcke. Die Gesetze umfaßten u.a. das Familien-, Erb- und Handelsrecht der Stadt und geben ein genaues Bild der dorischen Gesellschaft. So war es z. B. vorgeschrieben, daß objektive Beweise für die Schuld oder Unschuld eines Angeklagten vorgelegt werden mußten. Die Dorer meißelten Ihre Gesetze allerdings in einem schwer lesbaren Dialekt, nämlich "so wie der Ochse pflügt". Die Zeilen wurden abwechselnd von links nach rechts und von rechts nach links gelesen.
Die nachfolgenden Römer konnten mit dem dorischen Dialekt nichts anfangen und so verbauten sie 12 von einst vermutlich 20 Gesetzestafeln in ihrem Theater als Wandschmuck. Die 42 Steinblöcke enthalten etwa 17.000 Buchstaben in 52 Zeilen. Das dorische Alphabet kannte 18 verschiedene Buchstaben.

 

 

 

 

 

 

 


Quelle:
"Kreta auf eigene Faust"
Conrad Stein Verlag, Kiel, 1989


Nördlich des Odeons findet man die sagenumwobene, angeblich immergrüne Platane von Gortys. Der Sage nach sollen hier Zeus und die von ihm entführte Europa den späteren Herrscher von Knossos, Minos, gezeugt haben.
Die weiteren Ausgrabungen sind heute kaum noch zu erkennen. Von den vielen Tempeln, Landhäusern und Toren sind meist nur noch bewachsene Steinhaufen übrig geblieben.

 

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