Geschichte der Stadt Luxembourg


Die Ursprünge und der Name von Luxemburg sind eng verbunden mit einer Person und einem Ort. Ein Graf namens Siegfried, von karolingischer Abstammung - einer seiner Vorfahren mütterlicherseits war "Karl der Große" - erwirbt im Jahre 963 von der Abtei "St.Maximin" in Trier einen Felsvorsprung an den Hängen des Flusses Alzette. Nach der Urkunde, die diese Besitzübernahme festschreibt, befand sich dort eine kleine befestigte Burg, "Lucilinburhuc" genannt. Die Befestigung war wahrscheinlich römischen Ursprungs. So fand der Name Luxemburgs Eingang in die Geschichte. Der Name ging über auf die Stadt, die sich um die Burg herum bildete, und später auf das Land um die Stadt herum. Heute tragen Stadt und Land den gleichen Namen.Nach der Legende vermählte sich Siegfried mit Melusina, einer Nixe, eine der europäischen Sagengestalten, die in den Fluten der Alzette verschwunden sein soll. Wie wahr oder unwahr diese Legende auch immer sein mag, Siegfried ist der Begründer des Hauses Luxemburg, welches im XIV. und in der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts vier Kaiser des Deutschen Reiches und vier Könige von Böhmen stellte.

Das Wort "Lucilinburhuc" bedeutet "kleine Burg". Dieser Ausdruck beschreibt zwei Tatsachen, die für die Stadt lange Zeit bestimmend sein werden.Erstens besitzt der Ort, den Siegfried einst wählte, offensichtliche strategische Vorteile und bietet sich für Befestigungen an. Die Stadt Luxemburg sollte dann auch während fast tausend Jahren eine Festung bleiben, bis zu ihrer Schleifung im Jahre 1867.Zweitens wird sie nie zu einer großen Stadt: 5.000 Einwohner zu Beginn des XIV., 8.500 Ende des XVIII. Jahrhunderts, 46.500 nach dem 1.Weltkrieg und heute rund 82.000. Siegfried wird sich auf dem Felsvorsprung eine starke befestigte Burg bauen lassen. Während dort die Ritter wohnen, lassen sich um die Burg herum Handwerker und Händler nieder, die einen unten im Tal, die anderen oben auf den Felsen. Es zeichnet sich der Unterschied zwischen der Ober- und der Unterstadt ab. Von einer richtigen Stadt kann man allerdings erst ab der zweiten Hälfte des XII. Jahrhunderts sprechen, als die erste vollständige und mit Steinen gebaute Stadtmauer errichtet wird.Einige Städte verdanken ihren Ursprung einer geweihten religiösen Stätte, einer Abtei, einer Furt in einem Fluß oder der Kreuzung zweier Wege. Luxemburg entstand auf Grund der steilen Felsen und des militärischen Nutzens, den diese darstellen.

Als Graf Siegfried im Jahre 963 den Felsvorsprung über der Alzette erwarb, welchen man seit Ende des Mittelalters den "Bock" nennt, hatte er ohne Zweifel strategische Kriterien mit bedacht. Dieser Ort eignete sich hervorragend für Befestigungen. Der Graf ließ dort eine Burg errichten, um die sich im Laufe der Zeit eine Ansiedlung bildete, welche man jedoch erst zwei hundert Jahre später mit dem Begriff Stadt bezeichnen kann. Mitte des XII. Jahrhunderts umgab sie sich mit einer festen Stadtmauer (auf Höhe der heutigen "Rue du Fossé", der "Grabenstraße"). Unter dem Druck einer steigenden Zahl von Einwohnern wird die Stadt im XIV. Jahrhundert mit dem Bau neuer Schutzwälle nach Westen hin erweitert (auf Höhe des heutigen "Boulevard Royal"). Das Stadtgebiet vergrößert sich dadurch von 5 auf 23 Hektar; und erst im letzten Drittel des XIX. Jahrhunderts wird die Stadt endlich diese "Begrenzung" aus dem XIV. Jahrhundert überschreiten. Wie viele Städte im Mittelalter, ist Luxemburg zu einer befestigten Stadt geworden. Auf drei Seiten - im Süden, im Osten und im Nordosten - war sie von den tiefen Tälern der Petruß und Alzette umgeben. Verstärkt durch entsprechende Bauten war sie über diese Steilhänge vollkommen unzugänglich. Auf seiten der Ebene, im Westen und Nordwesten, versperrten mächtige Wälle und Stadtmauern den Weg. Die Stadt ist vor 1443 niemals einer echten Belagerung ausgesetzt gewesen. In jenem Jahr wird sie jedoch von "Philipp dem Guten, Herzog von Burgund" durch einen Überraschungsangriff eingenommen. Eine neue Epoche zeichnet sich ab für Luxemburg, seit 1354 in den Rang eines Herzogtums erhoben. Es wird in das Gebiet der Niederlande eingegliedert und dadurch in die Auseinandersetzungen zwischen den Valois-Bourbonen und den Habsburgern im XVI., XVII. und XVIII. Jahrhundert hineingezogen.


Die politische Konstellation und die zunehmende Bedeutung der Artillerie lasten auf der Zukunft der Stadt, deren Schicksal sich in den folgenden Jahren nach 1540 entscheidet. Im Kampf, bei dem sich der französische König Franz I. und der deutsche Kaiser Karl V. gegenüberstehen, wechselt viermal die Herrschaft über Luxemburg, um schließlich bei den Habsburgern zu verbleiben. Diese beschließen einen neuen Bau des gesamten Verteidigungssystems. Während der langen, schier unendlichen Arbeiten, die sich über fast 150 Jahre hinziehen, entwickelt sich die befestigte Stadt zu einer Festung. Am Ende einer denkwürdigen Belagerung, geführt von Vauban, nimmt Frankreich unter Ludwig XIV. die Festung Luxemburg im Jahre 1684 ein. Vauban überdenkt gänzlich die Verteidigung der Stadt und schafft einen großartigen Verteidigungskomplex im wahrsten Sinne des Wortes, das heißt er flößt mit seinen Bollwerken dem Angreifer Angst ein. An die Habsburger im Jahre 1697 zurückgegeben, erhält die Stadt im XVIII. Jahrhundert den Beinamen "Gibraltar des Nordens". Von den französischen Revolutionstruppen nach einer langen Belagerung 1795 eingenommen, wird die Stadt Luxemburg im Jahre 1815, nach der Gründung des "Großherzogtums Luxemburg", Mitglied des "Deutschen Bundes", Bundesfestung mit einer preußischen Garnison. Im XIX. Jahrhundert gerät Luxemburg, nach den Machtkämpfen zwischen Bourbonen und Habsburgern, erneut zwischen die Fronten Frankreichs und Deutschlands. 1867 wäre es wegen der Herrschaft über Festung und Land beinah zum Krieg zwischen Napoleon III. und Bismarck gekommen. Im letzten Moment konnte dies durch die Unterzeichnung des "Londoner Vertrages" verhindert werden: das Großherzogtum wird zum neutralen Staat erklärt und ein großer Teil der Befestigungsanlagen in der Hauptstadt werden geschleift. Neun Jahrhunderte nach ihrer Gründung durch Graf Siegfried verliert die Stadt Luxemburg ihren Festungscharakter. Es bleiben ihr geschichtlich bedeutsame Bauten, beeindruckende Bollwerke und ..... einige Verkehrsprobleme.


Während nahezu neun Jahrhunderten war Luxemburg eine befestigte Stadt, ja sogar eine derart mächtige Festung, daß man ihr den Beinamen "Gibraltar des Nordens" gab. Später, als Folge des "Londoner Vertrages" aus dem Jahr 1867, wurde das Großherzogtum zum ewig neutralen Staat erklärt, und die Festung innerhalb weniger Jahre geschleift. Somit verlor die Stadt ihre militärische und politische Bedeutung. Wie konnte nun der Abstieg zu einer kleinen, belanglosen Provinzstadt, fernab der großen Neuerungen, vermieden werden ? Die Stadt besaß damals jedoch zwei entscheidende Vorteile. Der erste lag im Schleifen der Festung selbst. Nach den anfänglichen Befürchtungen erkannte man die neu entstandene Möglichkeit einer Ausdehnung der Stadtgrenzen. Nach der Jahrhunderte währenden Enge in den Mauern aus dem 14. Jahrhundert konnte die Stadt endlich wieder frei atmen. Unsere Vorfahren wußten die neue Freiheit geschickt zu nutzen, wie die Grünanlagen des Stadtparks am Westrand des alten Stadtkerns beweisen. Auch die neuen Wohnviertel auf dem Limpertsberg und in Belair sowie die beispielhafte Bebauung des Plateau Bourbon, des heutigen Bahnhofsviertels, mit der breiten Avenue de la Liberté und ihren architektonisch abgestimmten Häusern, darunter die imposanten Gebäude der Staatssparkasse, der Eisenbahnverwaltung, des ARBED-Stahlkonzerns und des Hauptbahnhofs, zeugen von der Vernunft, mit der damals die Stadtplanung betrieben wurde. Atmosphärische Plätze, wie der Pariser-Platz oder der großzügige Bahnhofsvorplatz, wurden leider in den sechziger Jahren von Maklern und Architekten mit wenig Sinn für die schönen Dinge vergangener Zeiten verschandelt. Der zweite Vorteil waren und sind die Flußtäler der Petruß und der Alzette, welche die Altstadt von drei Seiten umgeben. Sie bieten einige ganz besonders reizvolle Aussichten, die auch Johann Wolfgang von Goethe 1792 begeisterten und die zahlreiche Maler inspirierten, darunter Turner, Selig, Fresez, Liez, Kutter und so manchen unbekannten Sonntagsmaler. Das Besucherinteresse für Luxemburg im 20. Jahrhundert beruht großenteils auf der landschaftlichen Schönheit und den historischen Überresten aus der Festungszeit Luxemburgs, allen voran die Kasematten.

Die politisch Verantwortlichen versuchten auch sehr bald internationale Organisationen nach Luxemburg zu holen, lange Zeit ohne Erfolg. Doch dann, plötzlich, im Jahr 1952, bietet sich die große Gelegenheit, auf welche die Stadt seit vielen Jahrzehnten gewartet hatte. Die Außenminister der sechs Gründungsmitglieder der "Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl EGKS", zu denen auch das Großherzogtum gehört, entscheiden sich für Luxemburg als vorläufigen Sitz. Ein Sprichwort besagt, daß nur das Vorläufige Bestand hat: Luxemburg ist heute , neben Straßburg und Brüssel, einer der drei Sitze der "Europäischen Union". Folgende europäische Organisationen haben sich in Luxemburg niedergelassen: der Gerichtshof, die Investitionsbank, der Rechnungshof, das Sekretariat des Parlaments, verschiedene Abteilungen der Kommission, das Amt für amtliche Veröffentlichungen und einige andere. Die neuen Umstände hatten tiefgreifende Auswirkungen auf die Stadt. Ab 1960 richtete man auf dem Kirchberg-Plateau, das über die "Großherzogin-Charlotte-Brücke" mit der Oberstadt verbunden wurde, ein europäisches Verwaltungszentrum ein. Rund 8.000 Beamte arbeiten dort. Nach den Worten Jean Monnets entwickelte sich Luxemburg von der "Kleinstadt zu einem Treffpunkt Europas". Die Entwicklung des Finanzplatzes Luxemburg, Ende der sechziger Jahre, unterstreicht den internationalen Charakter der Stadt. Die Zahl der ansässigen Geldinstitute stieg von 17 im Jahre 1960 auf 218 im Jahr 1994. Die wachsende Bedeutung des Bankensektors brachte jedoch nicht ausschließlich positive Nebenerscheinungen mit sich. Viele architektonisch wertvolle Bürgerhäuser aus dem 19. und 20. Jahrhundert mußten klobigen modernen Verwaltungsgebäuden weichen. Trotz ihrer relativ bescheidenen Einwohnerzahl von rund 80.000, circa 100.000 wenn man die unmittelbar angrenzenden Gemeinden mitrechnet, hat sich Luxemburg durch den internationalen Dienstleistungssektor und durch die ebenso internationale Zusammensetzung der Bevölkerung zu einer Metropole entwickelt. 48 Prozent der Einwohner stammen aus anderen Ländern, die meisten davon aus den Staaten der "Europäischen Union". Die Stadt ist ein Mikrokosmos des Europas von morgen.

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