Geschichte der Schweiz
(Quelle: K. Augustiny, Schweizer Familienforschung auf dem Internet: Geschichte der Schweiz)
   
Zeittafel der Schweiz
   
1
Die vorrömische Zeit - Jäger, Sammler und Pfahlbauer
2
Die römische Zeit 58 v.u.Z. bis 400 - Caesar et consortes
3
Der Weg zur Viersprachigkeit
4
Die mittelalterliche Feudalherrschaft - Städte und Städtebünde
5
Die Gründung der Eidgenossenschaft
6
Freiheitserwachen
7
Die Erweiterung der Eidgenossenschaft
8
Die Reformation in der Schweiz - Die Reformatoren Zwingli, Calvin, Farel
9
Das Ancien Régime - Erstarrung in einem patrizischen Regime im 17. / 18. Jh.
10
Das 18. Jahrhundert - Die Industrialisierung
11
Zusammenbruch der Alten Eidgenossenschaft - Der lange Weg zum neuen Bundesstaat
12
Demokratisierung und Neue Verfassung von 1874
13
Industrieller Wandel im 19. Jahrhundert
14
Erster Weltkrieg: Zeit der inneren Konfrontation
15
Zweiter Weltkrieg: Neutrale Insel im faschistischen Europa
16
Ein kurzer Blick auf die Schweiz nach dem Krieg
 

Die vorrömische Zeit - Jäger, Sammler und Pfahlbauer

Die frühesten menschlichen Spuren in der Schweiz gehen auf die Altsteinzeit zurück. In der Höhle von Cotencher im Kanton Neuenburg (Neuchâtel) wurden Schneidwerkzeuge aus Stein gefunden, die wohl dem Neandertaler (20.000 bis 4.000 v.u.Z.) gehört haben. Zudem finden sich aus der jüngeren Steinzeit (bis ca. 3.000 v.u.Z.) Zeugnisse der nun seßhaften bäuerlichen Bevölkerung an vielen Orten in der Schweiz. Während der Bronzezeit (ca. 3.000 bis 1.000 v.u.Z.) und der frühen Eisenzeit (ab ca. 1.000 v.u.Z.) wurden Wege über die Alpen begangen und langsam entwickelte sich ein früher Handel. In der folgenden La-Tène-Zeit kamen erste Münzen in Umlauf (ca. 800 v.u.Z.). Die Fundstelle bei La Tène, nordöstlich von Neuenburg hat der ganzen zweiten Periode der Eisenzeit ihren Namen gegeben. Im 1. Jh. v.u.Z. verläßt der keltische Stamm der Helvetier seine Siedlungsplätze in Süddeutschland und siedelt sich neu im Schweizer Mittelland an. Die Helvetier zogen auch noch weiter nach Westen, bis sie auf die Römer stießen. Von Cäsars Armeen wurden sie dann 58 v.u.Z. in das schweizerische Mittelland zurückgedrängt.

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Die römische Zeit 58 v.u.Z. bis 400 - Caesar et consortes
Die keltische Bevölkerung nahm schnell römische Kultur und Lebensart an und durchlebte in den beiden ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung eine friedliche und materiell gesicherte Zeit. Ein vorzügliches Straßennetz, dessen Überreste sich heute überall in der Schweiz finden, führte über den Großen Sankt Bernhard Pass im Westen und über die Bündner Pässe (Julier, Splügen, Oberalp) im Osten nach Rom, dem Mittelpunkt der damaligen Welt. Ein lebhafter Handel mit Rom blühte auf. Städte entstanden: Augusta Raurica (Augst, bei Basel) und das prächtige Aventicum (Avenches, halbwegs zwischen Bern und Lausanne) als Hauptstadt der römischen Schweiz. Seine noch heute sichtbaren Stadtmauern konnten 50.000 Einwohnern Schutz bieten. Heute lebt ein Bruchteil dieser Zahl in Avenches!

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Der Weg zur Viersprachigkeit
Die Friedenszeit endete mit dem Einfall germanischer Stämme ins Römische Reich. Im Jahre 260 überwanden erstmals Alemannen den Limes, die befestigte Nordgrenze des römischen Imperiums, und zogen südwärts. Nur für eine kurze Zeit konnten die Römer ihre Grenze längs des Rheins und der Donau noch halten. Helvetien und Rhätien verarmten zu Grenzprovinzen unter Militärhoheit. Um 400 mußte Rom seine jenseits der Alpen liegenden Gebiete räumen. Während der Völkerwanderungszeit fiel der westliche Teil des Imperiums an die germanischen Eroberer, die vorher regen Handelsbeziehungen zum Mittelmeerraum kamen zum Erliegen. Burgunder, die bereits das Christentum angenommen hatten, siedelten im westlichen Teil der Schweiz und übernahmen dessen Sprache, das Latein. Ähnliches geschah mit den lombardischen Stämmen (Langobarden), die sich in der südlichen Schweiz niederließen und die bestehende Kultur kaum beeinflußten. Die größte Zahl der Neueinwanderer aber stellten die heidnischen Alemannen zwischen Rhein und Aare dar. Ihnen gelang es aber nicht in Rhätien, dem späteren Graubünden, einzudringen. Die dort ansässigen römischen Rhätier leisteten Widerstand, nachdem sie selbst sich über große Teile der Ostschweiz, Südtirols, Vorarlbergs und Friauls ausgebreitet hatten. Später, im Mittelalter, zogen sie sich in die Hochtäler der bündnerischen Alpen zurück und lebten dort relativ unbehelligt. Ohne diese Überlebenstaktik wären die Rhätoromanischen Dialekte von den sie umgebenden größeren Sprachgruppen zum Verschwinden gebracht worden. Somit war der Grundstein für die heutige Viersprachigkeit der Schweiz gelegt: Im römisch-burgundischen Teil (heute Romandie genannt) entwickelte sich aus dem Vulgärlatein ein Franko-Provenzalischer Dialekt. Das von den Alemannen gehaltene Land wurde bis 900 vollständig deutschsprachig (Althochdeutsch, ab 8. Jh. Oberdeutsch). Die Stämme in den Tälern südlich der Alpen hielten an ihren Gallo-Italienischen lombardischen Dialekten fest, während sich das Rhätoromanisch mit seinen verschiedenen Dialekten in Graubünden bewahrte. Die Franken besiegten im 6. Jh. sowohl die Alemannen als auch die Burgunder. Die beiden Teile wurden aber wieder getrennt bei der Teilung des Reichs von Karl dem Großen im Jahre 870. Zwischen dem 9. und dem 14. Jh. wurden unzählige Schlösser, Burgen, Klöster und befestigte Städte errichtet. Einige typische Beispiele haben die Zeiten überlebt: Die karolingischen Fresken in der Klosterkirche von Müstair (Münster, GR); aus dem 10. Jh. die cluniazensischen Abteien von Romainmôtier und Payerne, das Züricher Großmünster und die Kathedralen von Basel und Schaffhausen als Muster romanischer Baukunst in der Schweiz.

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Die mittelalterliche Feudalherrschaft - Städte und Städtebünde
Im Mittelalter wurde das Gebiet der Schweiz mit der Einverleibung Burgunds (1032) Teil des Heiligen Römischen Reiches. Der Niedergang der kaiserlichen Macht erlaubte es aber verschiedenen Herrscherhäusern, wie den Zähringern, den Grafen von Savoyen, den Kyburgern und den Habsburgern, größere Gebiete an sich zu ziehen und bis zum 13. Jh. als Landesherren aufzutreten. Inzwischen hatten, wie im übrigen Deutschland auch, die Städte Bern und Zürich den Status Freier Reichsstädte erhalten und von der geographischen Distanz zum fernen Herrn, dem Kaiser, profitiert. Die kleinen, abgelegenen Talschaften in den Alpen waren seit jeher selbständig und frei. Auf diese Weise konnten die sogenannten "Waldstätte" um den Vierwaldstättersee ohne Schwierigkeit einen symbolischen Eid der Untertanentreue auf ihren Herrn leisten. Die schon vorher bestehende direkte Reichsfreiheit von Uri wurde formell bereits 1231 vom Kaiser bestätigt, weil dieses strategisch wichtige Gebiet am Zugang zur St. Gotthardroute liegt.

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Die Gründung der Eidgenossenschaft
Diese relative Unabhängigkeit schien in Gefahr, als das österreichische Haus Habsburg begann, in seinen Gebieten zur Wahrung seiner Einkünfte und Rechte, auswärtige Verwalter, sog. Vögte, einzusetzen, ohne auf lokale Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen. Es kam zu Unruhen in den habsburgischen Gebieten. Die Lage spitzte sich noch weiter zu, als der Habsburger Rudolf IV. 1273 zum deutschen König gewählt wurde. Weil er aber in Auseinandersetzungen im fernen Böhmen verwickelt war, kehrte in den 70er Jahren Ruhe in den Waldstätten ein. Erst mit dem Tod Rudolfs 1291 wurde die politische Lage wieder bedrohlich, da die Wahl des deutschen Königs umstritten war. Vertreter der drei Waldstätte Uri, Schwyz und Unterwalden schlossen ein Bündnis, das "so Gott will, auf ewig Bestand haben soll". Dieser Beistandspakt zielte nicht auf Ungehorsam den eigenen Herren gegenüber ab, sondern auf die von außen aufgezwungene Verwaltung und deren Richter. Er wird als eigentlicher "Geburtsschein" der Eidgenossenschaft angesehen. Aufbewahrt wird das Dokument im Bundesbriefarchiv in Schwyz und das auf ihm vermerkte Datum des 1. August wird heute als Schweizer Nationalfeiertag begangen.

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Freiheitserwachen
Diese Entwicklung allein wäre in der feudalen Gesellschaft der damaligen Zeit höchstens mit Überraschung zur Kenntnis genommen worden. Ihre Glorifizierung zum Freiheitskampf erfuhr sie erst durch spätere Chroniken (um 1470 im Weißen Buch von Sarnen) und durch literarische Überarbeitungen. Die Tellslegende stellt eine Umsetzung der Freiheitsbewegung dar und auch eine Rechtfertigung des Aufstandes der Waldstätte, welcher in der förderalistischen Gesellschaft von damals eine Ausnahmeerscheinung bildete. Bekannt ist Schillers Tell-Drama von 1804, die zum Allgemeingut deutscher Literatur gehört. In ihm ist die langsam gewachsene historische Situation dramatisch zugespitzt. Statt der zwischen Gewaltakten und zähen Verhandlungen hin und her wechselnden Politik wird die offene Revolte der drei Gebiete Uri, Schwyz und Unterwalden (Waldstätte) dargestellt, deren 33 Vertreter auf der Rütliwiese (gegenüber Brunnen) einen feierlichen Schwur ablegen. Wilhelm Tell, durch den Landvogt Gessler zum "Apfelschuß" verurteilt, wird zum rächenden Arm der Verschwörung, indem er den verhaßten Tyrannen in der Hohlen Gasse bei Küssnacht am Rigi mit der Armbrust erschießt und so den Weg für die Freiheit und zu einem neuen Zeitalter der Freiheit des Einzelnen freimacht.

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Die Erweiterung der Eidgenossenschaft
1332 verbündete sich das bisher habsburgische Luzern mit den Waldstätten, um sich von seinen Stadtherren zu befreien. Es folgten ihm Glarus und Zug 1352. Zürich hatte eine von den Zünften angeführte Revolution hinter sich und befürchtete eine Rückkehr der Adligen. Es schloß sich 1351 den Waldstätten an. Bern kam 1353 hinzu und hielt sich so den Rücken frei für sein Bündnissystem im Westen der Schweiz. Die Eidgenossen errangen einige glänzende Siege über die Habsburger und deren adlige Verbündete, so bei Sempach 1386 und Näfels 1388. Dies zu einer Zeit da der Schwäbische Städtebund in Süddeutschland unterlag. Das Bündnis der "Acht alten Orte", in Wirklichkeit ein Konglomerat von Verträgen zwischen den verschiedenen Partnern, manchmal von nur drei, vier oder fünf Orten, blieb sehr locker. Es führte aber dennoch dazu, daß sich am Ende des 14. Jh. ein selbständiges staatliches Gebilde innerhalb des Römischen Reiches abzeichnete. Einzigartig für diese Zeit war, daß sich nach der Vertreibung der Habsburger und der Schwächung des einheimischen Adels eine Bürgergesellschaft bildete. Macht und Boden gingen von den Adligen an Städte und Zünfte und an die bäuerlichen Landorte über. Von ihren militärischen Erfolgen angespornt strebten die eidgenössischen Orte nach territorialer Expansion. Die Siege der eidgenössischen Fußheere über Karl den Kühnen von Burgund bei Grandson, Murten und Nancy (1474-77) trugen zum Ruhm eidgenössischer Waffenkunst bei. Freiburg, Solothurn, Basel, Schaffhausen und Appenzell erweiterten die Acht-Örtige Eidgenossenschaft zu einer Dreizehn-Örtigen. Nach dem Schwabenkrieg 1499 gegen Kaiser Maximilian I. von Österreich erlangte die Eidgenossenschaft ihre Unabhängigkeit vom Römischen Reich. 1513 waren die Eidgenossen auf dem Höhepunkt ihrer Macht. Sie waren sogar Schutzherren des Herzogtums Mailand. In der Schlacht von Marignano 1515 unterlagen sie aber einer Übermacht französischer und venezianischer Truppen. Diese Niederlage führte dazu, daß sich die Eidgenossen von den internationalen Schauplätzen zurückzogen, ihre Expansionspolitik einstellten und ihre Neutralität erklärten. Nichtsdestotrotz dienten aber Schweizer Söldner noch während der nächsten Jahrhunderte in fremden Armeen, oft sogar auf beiden Seiten der Kriegführenden! Als Relikt aus dieser Zeit verfügt der Vatikan heute noch über eine Schweizer Garde! Erst nach 1709, als im spanischen Erbfolgekrieg große Schweizer Regimenter gegeneinander kämpften, nahm das Söldnerwesen ab.

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Die Reformation in der Schweiz - Die Reformatoren Zwingli, Calvin, Farel
In der Schweiz wurde die Reformation vor allem von Zürich aus durchgeführt. Huldrich Zwingli (1484-1531) war am dortigen Großmünster als sogenannter "Leutpriester" tätig. 1525 nahm der Zürcher Große Rat Zwinglis Forderungen einer Kirchenreform und nach politischen und wirtschaftlichen Veränderungen (Säkularisation der Klöster, Reform von Zins- und Bodenrecht etc.) an. Durch die Reformation wurden die bürgerlichen, städtischen Zünfte vor allem gestärkt. Die ländliche Wiedertäuferbewegung (ab 1535 auch die Mennoniten), die darüber hinaus neben der Leibeigenschaft auch noch Zins- und Zehntverpflichtungen aufheben wollte, wurde daher grausam verfolgt und die ländlichen Gebiete unter strenge Vorherrschaft der Städte gebracht. In den Untertanengebieten wurden die aufbrechenden Bauernunruhen niedergeschlagen. Die Reformation breitete sich rasch aus. In den meisten Fällen standen die städtischen Zünfte als treibende Kraft hinter dem neuen Glauben. Nur dort, wo sie keine eigentliche Macht darstellten, wie in Luzern, Zug, Solothurn und Freiburg, unterblieb die Reformation. Der größte Widerstand erwuchs dem neuen Glauben in der Zentralschweiz und diese Kantone blieben katholisch. 1528 entschloß sich auch die mächtige Stadt Bern zum Übertritt ins reformierte Lager. Von da an wurde die Reformation mit Waffengewalt auch in der Westschweiz durchgesetzt. 1536 nahm der Reformator Jean Calvin (1509-1564) in Genf Wohnsitz und zur gleichen Zeit brachte Bern die savoyischen Gebiete der Westschweiz unter seine Kontrolle. Die Reformation spaltete die Schweiz in zwei Lager. Einerseits fanden sich die katholischen Kantone mit einem Drittel der Bevölkerung, auf der anderen Seite standen die Städte mit ihrem Burgrecht und den wirtschaftlichen Zentren im Lande. Sie machten zwei Drittel der Bevölkerung aus. Die Gegensätze zwischen der vorwiegend reformierten Schweiz und seinen katholischen Nachbarn in Deutschland führte über die Jahre zum Verlust des Zusammengehörigkeitsgefühls und schließlich zum Bruch zwischen der Eidgenossenschaft und dem Reich. De iure wurde diese Trennung im Westfälischen Frieden von 1648 festgeschrieben.

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Das Ancien Régime - Erstarrung in einem patrizischen Regime im 17. / 18. Jh.

Die Schweiz wurde vom Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) und von den folgenden Kriegen der absolutistischen Herrscher Europas verschont. Das politische Leben in den acht städtischen und den fünf ländlichen Kantonen der Alten Eidgenossenschaft erstarrte aber. Die Regierungsgewalt wurde von immer weniger Familien ausgeübt. In den Kantonen, die bis dahin durch die Landsgemeinde geführt wurden, versuchten die Behörden die Volksrechte einzuschränken. Sie konnten zwar die Landsgemeinde nicht abschaffen, besetzten aber immerhin die Mehrzahl der Ämter mit Familienangehörigen. Der Brauch der Volksbefragung, der während der Reformation überaus häufig war, verschwand gänzlich im 17. Jh. Bauernunruhen wurden 1653 niedergeschlagen. Auch religiöse Zwistigkeiten wurden in der damaligen Schweiz noch ausgefochten (Villmerger Kriege von 1656 und 1712) und führten jeweils zu Neuordnungen in den gemeinsam verwalteten Untertanengebieten. In dieser Zeit wurden die katholischen Orte zudem in ein gefährliches Abhängigkeitsverhältnis zu Frankreich gezogen. Immerhin konnten die Eidgenossen sich auf ein Schlichtungsverfahren einigen, auch wenn die Glaubensgegensätze damit nicht aus dem Weg geräumt waren.

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Das 18. Jahrhundert - Die Industrialisierung

Die politischen Verhältnisse änderten sich bis 1798 kaum. Ein reaktionärer Kastengeist herrschte in den Kantonen vor. Im sozialen und wirtschaftlichen Bereich hingegen kam es zu tiefgreifenden Umwälzungen. Die Bevölkerung wuchs zwischen 1700 und 1800 von 1,2 auf 1,6 Millionen Einwohner. Zuwachsraum waren vor allem die ländlichen Gebiete. In den nördlichen und östlichen Teilen der Schweiz kam vor allem die Textilverarbeitung in Schwung. Das Spinnen, Weben und Bedrucken von Baumwollstoffen, die Seidenstoffweberei und -stickerei verschaffte vor allem den arbeitslos gewordenen Tagelöhnern und Kleinbauern neuen Verdienst. Im Jura entwickelte sich eine Uhrenindustrie, die vor allem von Heimwerkern betrieben wurde. Die Schweiz entwickelte sich im 18. Jh. zu einem Industriestaat und war nach England das meist industrialisierte Land Europas. Auch die Wissenschaften waren im Umbruch. Wissenschaftler wie Johann Bernoulli (1667-1748), Leonhard Euler (1707-1783) und Albrecht von Haller (1708-1777) trugen das Ihre zum geistigen Aufschwung bei. Erziehungsexperimente und Schriften von Johann Heinrich Pestalozzi (1745-1827) machten ihn weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt.

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Zusammenbruch der Alten Eidgenossenschaft - Der lange Weg zum neuen Bundesstaat
Die Eidgenossenschaft blieb im ersten Koalitionskrieg gegen das revolutionäre Frankreich neutral. Nachdem aber Napoleon Frankreichs Vorherrschaft in Norditalien errichtet hatte, nahm der militärische Druck auf die Schweiz zu. Die Alpenpässe waren für die französischen Armeen von strategischer Bedeutung, da sie den direkten Zugang von Paris nach Mailand bilden. Französische Revolutionstruppen besetzen das bernische Waadtland am 28. Januar 1798. Die eidgenössische Tagsatzung war sich nicht einig über eine geschlossenen Haltung gegenüber dieser Invasion. Der Stadtstaat Bern mußte allein den Invasoren Widerstand entgegen setzen. Am 5. März 1798 wurden die bernischen Truppen nördlich der Stadt beim Grauholz besiegt und die französischen Armeen rückten in die Stadt Bern ein. Ein langer und mühsamer Weg führte von da an zur Gründung des Bundesstaates von 1848. Die Ereignisse von 1798 führten in eine 50-jährige Krise, während der konservative und progressive Kräfte wiederholt zur Waffengewalt griffen, um die anstehenden Gegensätze zu lösen. Die Dreizehn Alten Orte wurden durch sechs neue Kantone ergänzt, die vordem als Untertanengebiete oder Gemeine Herrschaften (gemeinsam verwaltete Untertanengebiete) bestanden hatten, Aargau, Thurgau, Tessin und Waadt. Hinzu kamen als neue Kantone auch die früher nur alliierten Orte ("Zugewandte") Sankt Gallen und Graubünden. Nach der Niederlage Napoleons beschloß der Wiener Kongreß 1815 den Staatenbund souveräner Kantone wiederherzustellen. Drei neue Kantone, Genf, Wallis und das preußische Neuenburg wurden hinzugefügt. Der Kongreß beschloß zudem, den Jura, den früheren reichsfreien Staat des Fürstbischofs von Basel, dem Kanton Bern zuzuschlagen als Kompensation der Gebietsverluste Berns im Westen, der Waadt, und im Aargau. Die Julirevolution von 1830 in Paris brachte auch der Schweiz eine grundlegende Veränderung. Eine liberale Bewegung begann sich zu entwickeln und die aristokratischen Regimes verloren nach und nach ihre Macht. Einzig in den katholischen innerschweizer Kantonen hielten sich die konservativen Kräfte. Sie bildeten einen militärischen Verteidigungspakt, den Sonderbund. Auf dem Hintergrund einer schweren wirtschaftlichen Krise kam es dann zu einer Auseinandersetzung. Die letzte Hungersnot in der Schweiz von 1845, die wie im übrigen Europa auch, aufgrund von Kartoffelmißernten entstanden war, trieb die Preise in die Höhe und ein starker wirtschaftlicher Rückgang erfaßte zugleich die Textilindustrie. Eine kurze militärische Kampagne der reformierten städtischen Kantone zwang 1847 Luzern und die übrigen Sonderbundspartner in die Knie. Die neue bundesstaatliche Verfassung brachte eine Reihe von Bürgerrechten, wie die freie Wohnsitzwahl, Vereinsfreiheit und Gleichheit vor dem Gesetz. Sie schützte die Rechte der Minderheiten, indem weitreichende Zugeständnisse an die kantonale Souveränität gemacht wurden. Der Bundesstaat von 1848 stand am Ende einer 18 Jahre dauernden heftigen Auseinandersetzung. Auch 1850 war die Schweiz nach Großbritannien das am höchsten industrialisierte Land Europas, wobei aber die Schweizer Industrie eine Kleinbetriebs- und Heimarbeits-Struktur aufwies.

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Demokratisierung und Neue Verfassung von 1874
Die Vorherrschaft der Liberalen war lange Zeit nicht zu erschüttern. Die Gegner kamen aus verschiedenen Lagern. Sowohl die katholischen Konservativen als auch die alten aristokratischen Kräfte waren zu schwach. Erst die Opposition von Handwerkern, Bauern, demokratischen Intellektuellen und föderalistischen Konservativen brachte in den 60er Jahren genügend Druck für einen Wandel zutage. 1869 gewannen die neuen demokratischen Kräfte in Zürich im Kampf um eine neue Verfassung. Die Direktwahl der Regierung durch das Volk und die Zustimmung des Volkes zu den Parlamentsbeschlüssen waren die Folge. Die Erfolge der demokratischen Bewegung auch in den anderen Kantonen machten eine Revision der Verfassung unumgänglich. 1874 wurde eine in großen Teilen noch heute gültige Staatsverfassung in Kraft gesetzt.

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Industrieller Wandel im 19. Jahrhundert
Der Ausbau der Überseeverbindungen und des Schienennetzes auf dem europäischen Kontinent stürzte die Schweizer Landwirtschaft in den siebziger Jahren des 19. Jh. in eine tiefe Krise. Von 1870 an wurden billige Getreide aus Osteuropa oder Übersee eingeführt. Die Bauern versuchten, mittels landwirtschaftlichen Genossenschaften und gemeinschaftlichen Käsereien, dieser Entwicklung zu begegnen. Anstelle der früheren Getreideexporte wurden nun Milchprodukte (Käse, Kondensmilch, Schokolade) im Ausland verkauft. Die Uhren- und Seidenbandindustrie hatten schon seit jeher ihre Erzeugnisse zu einem Großteil auch im Ausland abgesetzt. Die lange wirtschafliche Depression, die 1874 begann, führte auch zu einer Umverteilung der Gewichte. Die Textilindustrie verlor ihre vorherrschende Stellung. An ihre Stelle traten die chemische Industrie und der Maschinenbausektor. Obwohl die Schweiz weder über nennenswerte Bodenschätze wie Kohle oder andere Rohstoffe verfügt, entstanden in diesen Sektoren Exportindustrien mit internationaler Bedeutung. Die Chemiefirmen in Basel, die den Anfang mit Teerfarbenchemie machten, und die Maschinenindustrie entwickelten sich zu den bedeutendsten Exporteuren vor 1914. Der Bau der Eisenbahnen war eine wichtige Voraussetzung dieser Entwicklung. Frankreich und Deutschland unterstützten den Bau des 15 Kilometer langen Gotthardtunnnels (Eröffnung 1882). Zwischen 1844 und der Mitte der sechziger Jahre des 19. Jh. entstanden 1300 Kilometer neue Eisenbahnstrecken. Bis 1885 kamen dann nochmals 1400 Kilometer hinzu. Von 1885 bis 1914 wuchs das Netz dann nur noch um 700 Kilometer.

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Erster Weltkrieg: Zeit der inneren Konfrontation
Im ersten Weltkrieg war die Schweiz nahe daran, ihre vielgepriesene Neutralität aufzugeben. Die deutschsprachige Schweiz, als wirtschaftliches und bevölkerungsmäßiges Übergewicht war pro Deutsches Reich eingestellt, nicht aber die Romandie (französischsprachiger Teil) und der italienischsprechende Anteil des Landes. Nachrichtendienste zugunsten des Reiches und verschiedene Armeeaffären machten die Ausrichtung der Armeeleitung auf einen deutschen Sieg deutlich. Der Bundesrat Hermann Hoffmann versuchte 1917 sogar, einen russisch-deutschen Separatfrieden zu vermitteln und mußte nach dem Publik werden dieses Vorfalls zurücktreten. Die Schweizer Wirtschaft profitierte vom Ersten Weltkrieg, aber die Gewinne kamen nicht der Arbeiterklasse zugute. Die Mobilisation der Milizarmee beeinflußte die Löhne (nach unten) und die Lebensmittelpreise stiegen in der Kriegszeit um durchschnittlich 130%. Die Behörden zeigten sich in der Folge durch die einsetzende Radikalisierung der Arbeiterschaft verunsichert. Im November 1918 besetzte die Armee unter dem Vorwand, einem Staatsstreich zuvorkommen zu müssen, Zürich. Die allgemeine Empörung darüber führte zu einem landesweiten Generalstreik. Nach drei Tagen und der Drohung, die Armee einzusetzen, brach der Streik zusammen. Aber er war nicht umsonst. Eine Initiative zur Einführung des Proportionalwahlrechts wurde angenommen, die 48 h Woche eingeführt, sowie kollektive Arbeitsverträge abgeschlossen. Zudem wurden Altersvorsorge und Arbeitslosenfürsorge ausgebaut. Die Zwischenkriegszeit war gekennzeichnet von einem schwachen Wirtschaftswachstum und der Verlagerung des Gewichtes von den produktiven in den Dienstleistungssektor.

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Zweiter Weltkrieg: Neutrale Insel im faschistischen Europa

Im II. Weltkrieg geriet die Schweiz weit mehr als im ersten unter ausländischen Druck. Nach der Niederlage Frankreichs 1940 war sie ganz von den Achsenmächten umschlossen. Die Nazis verhehlten ihre Abneigung nicht gegenüber einem Staat, der durch seine kulturelle Vielfalt ihrer völkischen Lehre und ihrer rassistischen Propaganda rein durch seine Existenz widersprach. 1940, als die Gefahr am größten war, machte sich in der Schweiz auch Anpasserei an die neuen Herren Europas bis in die höchsten politischen Ränge bemerkbar. Eine Zensur versuchte, journalistische Nadelstiche gegen das nazistische Deutschland zu unterbinden, die Asylpolitik wurde auf massiven Druck Deutschlands stark eingeschränkt. Das Verhalten der Schweiz im II. Weltkrieg war eine Mischung aus taktischer Anpassung und demonstrativem Selbstverteidigungswillen. Die Totalmobilisation und die Bereitschaft zur Landesverteidigung zwischen 1939 und 1945 haben in der damaligen Kriegsgeneration tiefe, zum Teil glorifizierende Spuren hinterlassen.

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Ein kurzer Blick auf die Schweiz nach dem Krieg

Im Bereich der politischen Beziehungen mit dem Ausland verhielt sich die Schweiz nach dem II. Weltkrieg so zurückhaltend wie eh und je. Die Schweiz trat nie den Vereinten Nationen bei, spielt aber eine sehr aktive Rolle in den UNO-Unterorganisationen. Genf wurde zum europäischen Sitz der UNO. Auch den Bestrebungen für eine europäische Integration stand die Schweiz ablehnend gegenüber. Als 1949 der Europarat gegründet wurde, war die Schweiz nicht mit dabei. Dagegen bildete sie 1960 mit anderen nicht-EWG-Staaten die Europäische Freihandelszone EFTA, deren Zielsetzung nicht auf eine politische Union hinlief. 1986 lehnten 75,7% der Schweizer Stimmberechtigten einen Beitritt zur UNO ab. Diese Ablehnung läßt sich aber eher als eine diffuse Angst vor Verlust von Selbstbestimmung und einem allgemeinen Malaise, denn als fundierte politische Ablehnung interpretieren. 1992 wurde die Mitarbeit in einem europäischen Wirtschaftsraum EWR knapp abgelehnt. Seit den achtziger Jahren zeigte die Schweiz Tendenzen zur Stimmungsdemokratie, die vor allem von den Massenmedien akzentuiert wird. Daß die Schweizer Bürger in innen- und außenpolitischen Angelegenheiten das letzte Wort haben, ist zwar eine Eigenheit des Schweizer Demokratieverständnisses, führt aber in außenpolitischen Angelegenheiten zu Schwerfälligkeit und Komplikationen, in innenpolitischen Auseinandersetzungen zu immer neuen Polarisierungen. Die Schweiz ist heute im Umbruch und sucht ihre Identität neu.

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